Courage-Reden bei der Straßen- Mitmachaktion gegen Gewalt an Frauen und Kindern
28. November vor der Marktkirche, Essen-City:
7 Organisationen, die Songgruppe Duo Auftakt und eine Solosängerin sind unserem Aufruf gefolgt, um gemeinsam gerade in der Pandemie gegen Gewalt an Frauen und Kindern zu demonstrieren, ihre Forderungen zu bekanntzumachen, zu diskutieren, zu singen und ihre Informationen anzubieten. Die vielseitigen Reden und Fotos werden wir noch in einer kleinen Dokumentation Anfang nächsten Jahres veröffentlichen, dabei: Frauenverband Courage Essen e.V., PIA – Plattform internationale Arbeiterinnen, Jugendverband Rebell mit den Rotfüchsen, Umweltgewerkschaft Essen, MLPD Essen-Mülheim, Frauen von verdi – Klinikum Essen, der Bürgerinitiative gegen die Schließung der Kliniken im Essener Norden, dem Internationalistischen Bündnis Essen. Auch unsere kurdischen Freundinnen von Berivan Shengal waren mit Kindern dabei!
Hier die beiden Reden von Courage Essen:
I. Warum machen wir diese Kundgebung trotz Corona heute- trotz Mundschutz und Abstand? Weil wir Alarm schlagen müssen!! In Bottrop zum Beispiel hat die Stadt unseren Freundinnen von Courage einen Infostand zum Kampf gegen Gewalt an Frauen heute verboten– wegen Corona! Sie wollen für Frauenrechte demonstrieren und müssen dafür erstmal ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit erkämpfen? Das geht gar nicht! Ich denke, ihr alle hier seid mit mir einig, dass wir dagegen protestieren und den Frauen unsere Solidarität schicken?
Es ist Zeit, Alarm zu schlagen: Jeden Tag werden 43 Kinder Opfer sexueller Gewalt. Jeden Tag versucht ein Mann, seine Frau oder ehemalige Partnerin umzubringen – schon 2019 haben 117 Frauen das nicht überlebt. Mit der Corona- Pandemie, mit häuslicher Isolation in Lockdowns steigt die Gewalt gegen Frauen und Kinder steil an. Hilfetelefone laufen heiß. Frauen- und Kinderschutzhäuser müssen noch mehr Hilfesuchende abweisen. Es fehlt Platz, Geld, vor allem aber der politische Wille der Regierungen.
Wir schlagen Alarm: Die Menschen in den extrem unterbesetzten Pflegeberufen sind am Limit. In Schulen und KITAS kochen die Widersprüche hoch. In den Familien sind es meistens die Mütter, die über sich hinauswachsen, obwohl sie am Rande ihrer Kräfte sind! Angst vor dem Verlust ihrer Arbeit, kaum noch Zeit für sich, für eigene Interessen.
Wir schlagen Alarm! Der Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern muss im Alltag, in jedem Stadtteil präsent werden! Gemeinsam können wir das Schweigen brechen, das wie eine dunkle Wolke der Ignoranz über den Gewaltverbrechen an Frauen und Kindern liegt!
Wir kämpfen für:
>Die Bestrafung aller Täter,
>Die Rücknahme frauenfeindlicher und diskriminierender Gesetze ,
>Den Rücktritt der verantwortlichen Politiker-innen!
Wir fordern ein Ende von Gewalt und Sexismus in Politik, Betrieben, Schulen, in Ausbildung, Flüchtlingslagern – im Internet, in der Werbung, in der Musik.
Wir fordern ein Ende der Duldung und Förderung von rassistisch, faschistisch oder hinter Religionen versteckter sexualisierter Gewalt!
Eine Frage an die Jugendlichen hier auf dem Platz – könnt ihr euch und uns erklären: warum zieh‘n sich über 55 Millionen Jugendliche so frauenfeindliche Rappertexte rein und liken sie?
Ich zitiere: „Bring Deine Alte mit, sie wird im Backstage zerfetzt. Ganz normal. Danach landet dann das Sextape im Netz“??? Oder: „Ich hab die dicksten Muskeln, das schnellste Auto, den längsten Schwanz und eh die meisten Frauen gehabt.“??? Das ist doch krank – denk ich erstmal. Aber ne. Das ist brandgefährlich!
Das prägt das Denken, Fühlen und Handeln von Millionen Kindern und Jugendlichen! Und zudem sind diese Lieder meist noch gespickt mit Nazi- und rassistischen Sprüchen! Das gehört verboten!
Übrigens da unten ist der Infostand von Courage! Brandneu unser Corona-Sofortprogramm für Schulen und Kitas und unsere Broschüre für eine Welt ohne Prostitution. Mach mit bei Courage! Wir sind keine Opfer, wir sind Aktivistinnen der Zukunft!
II. Seit ich hier bin erlebe ich in der tamilischen Gesellschaft psychische und körperliche Gewalt. Ich kenne viele Frauen, die in Srilanka aufgewachsen sind und nun durch eine traditionelle Heirat in Deutschland leben. Diese Frauen und auch Kinder leiden unter den gewalttätigen Ehemännern. Sie leiden stillschweigend und viele können ihre Situationen nicht ändern, weil sie ihre Rechte nicht kennen. Wenn eine Frau getrennt von Ihrem Ehemann lebt und ein in diesem Land geborenes Kind hat, bekommt sie kein Problem mit Aufenthaltstitel. Also mit einem eigenständigen Bleiberecht. Frauen deren Kinder nicht hier geboren sind oder die kinderlos sind bleiben hilflos und und leiden weiter. Sie haben endlich geschafft, sich von ihrem Ehemann zu trennen und werden zur Strafe vom deutschen Staat nach Srilanka zurückgeschickt. Dort sind sie auch nicht willkommen, weil man keine Verständnis für die Auflösung der Ehe hat. Sie können auch ihr altes Leben nicht wieder aufnehmen, da Sie Ihre Arbeit gekündigt, die Schule und Studium abgebrochen haben. Ich kann Ihnen von 2 Fällen erzählen. Ich kenne eine Frau, die Ihre Arbeit durch Covid-19 verloren hat. Sie hat keine Einnahmen und fragt ihren Mann nach Geld für Essen. Er weigert sich und sagt Sie solle doch mit anderen Männern schlafen und so Geld verdienen! Im anderen Fall trifft es nicht nur die Mutter sondern auch die Tochter, die vom eigenen Vater missbraucht wurde. Sie hat deshalb versucht sich umzubringen! Das sind nur 2 Fälle, die ich erwähnt habe. Es gibt aber so viele Frauen, die im Stillen leiden diesen Frauen muss geholfen werden! Diese Hilfe habe ich bei Courage bekommen, wie viele andere Frauen auch.
Mitmachaktion zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen
Frauen brechen das Schweigen „Covid 19 – Keine Gewalt an Frauen und Kindern!“
Unter diesem Motto ruft der Frauenverband Courage am Samstag, den 28. November um 12 Uhr alle Frauen, Mädchen und ihre Organisationen zu einer kämpferischen Kundgebung vor der Marktkirche/Porschekanzel in Essen auf. Männer und Jungs sind ausdrücklich eingeladen. Es gibt Infotische, kurze Reden und Musik. Ein offenes Mikro mit jeweils neuer Schutzfolie lädt zur Diskussion ein. Natürlich gelten Abstand und Alltagsmasken für alle.
„Diese öffentliche Aktion muss sein, trotz und gerade wegen Corona“, erklärt Susanne Keil: „Gerade jetzt laufen die Hilfetelefone heiß. Die Frauen- und Kinderschutzhäuser müssen noch mehr gepeinigte Hilfesuchende abweisen. Es fehlt an Platz, Geld, vor allem aber an politischem Willen der Regierungen. Menschen in extrem unterbesetzten Pflegeberufen sind am Limit. Dennoch werden Krankenhäuser geschlossen, viele müssen Corona-positiv arbeiten, unter erschwerten Schutzmaßnahmen, um die Versorgung ihrer Patienten zu gewährleisten. In Schulen und KITAS kochen die Widersprüche hoch. In den Familien sind es meistens die Mütter, die über sich hinauswachsen, obwohl sie am Rande ihrer Kräfte sind, Angst vor Jobverlust und kaum Zeit für sich, für eigene Interessen haben. Die Ängste und Sorgen der Frauen und Kinder, noch mehr Gewalt und Unterdrückung zu erleben, nehmen wir sehr ernst.“
Die Frauen von Courage wollen Mut machen, gemeinsam aktiv zu werden. Sie fordern ein Ende von Gewalt und Sexismus in Politik, Betrieben, Schulen, Ausbildung, im Internet, in Werbung, Musik, in Flüchtlingslagern. Ein Ende der Duldung und Förderung von rassistisch, faschistisch oder hinter Religionen versteckter sexualisierter Gewalt.
„Wir schlagen Alarm, weil es Zeit ist, Alarm zu schlagen und sich zu organisieren!“, meint Susanne Keil, und weiter sagt sie „ Jeden Tag werden 43 unserer Kinder Opfer sexueller Gewalt. Jeden Tag versucht ein Mann, seine Frau oder ehemalige Partnerin umzubringen – schon 2018 haben es 123 Frauen nicht überlebt. Dass mit Covid 19, häuslicher Isolation in Lockdowns und der frauen- und familienpolitischen Ignoranz der Regierungen die Gewalt gegen Frauen und Kinder steil ansteigen wird, ist schon jetzt eine Tatsache.“
Courage fordert schnellere Hilfe und sichere Unterstützung und Begleitung für die Betroffenen, härtere Bestrafung der Täter. Dafür, so fordern sie, müsse der bedeutendste europäische Gewaltschutzvertrag, die „Istanbul-Konvention“ endlich strafrechtlich und in der Gesellschaft umgesetzt werden. Zum Schutz von Frauen und Kindern gegen geschlechtsspezifische Gewalt und für das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit.
Keine Schließung der Krankenhäuser im Essener Norden! Für wohnortnahe Gesundheitsversorgung! Courage-Rede hier!
„Wir wissen, was gemeinnützig ist. Und wir haben gelernt: Wer kämpft, kann gewinnen!“(Courage Essen)
- Oktober 2020: Kundgebung und Demo gegen die Schließung von zwei Krankenhäusern im Essener Norden. Um die 50 Leute waren die ganze Zeit dabei oder kurz am Infostand, um sich die Mitmachliste einzutragen und Infos mitzunehmen.
Die Schließung der Krankenhäuser sind eine Katastrophe! Nicht nur in Coronazeiten. Der Kampf um wohnortnahe Gesundheitsversorgung, in der die Menschen und nicht der Profit im Mittelpunkt stehen, braucht jede Unterstützung. Wir waren von Courage schon bei der ersten Kundgebung dabei. Viele unserer Frauen und ihre Familien sind direkt betroffen, weil sie im Norden wohnen. Aber auch wir alle sind betroffen: Die Bettenzahl, ärztliche Betreuung und Pflege in ganz Essen wird dadurch sehr minimiert. Arbeits- und Ausbildungsplätze ruiniert. Die ihren Arbeitsplätze behalten können, sollen an die Niedriglohnfirma „Perse“ abgeschoben werden…
In unserem Redebeitrag haben wir uns vor allem mit zwei Fragen beschäftigt:
- Stimmt die Behauptung, dass eine Ursache für die „Notwendigkeit“ der Schließungen „zu wenig qualifiziertes Personal“ ist? Oder können gut viele ausgebildete Frauen nicht oder nur Teilzeit arbeiten, weil ein Pflegeberuf nicht vereinbar ist mit der Familie?
- Eigentümer der Krankenhäuser ist die katholische Contilia GmbH, sie ist als gemeinnütziger Verein anerkannt! Was bitte ist an diesem Profitverein „gemeinnützig?“
Hier ist der ganze Text:
Redebeitrag Courage Essen bei der Demo gegen Klinikschließungen im Essener Norden am 31.10.2020Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin Susanne Keil und überbringe euch Solidaritätsgrüße vom Frauenverband Courage Essen.
Die Schließung von gleich zwei Krankenhäusern im Essener Norden ist katastrophal. Da brauch ich euch nichts erzählen, das kriegt ihr ja alle selbst hautnah mit!
800 von 1.400 Krankenhäusern in Deutschland sollen dicht gemacht werden! Wir hören, dass ein Grund dafür sei, dass es zu wenig medizinisches Personal gibt.
Dabei wissen wir, dass allein über eine Millionen gut ausgebildete Frauen vor allem deshalb nicht oder nur gering erwerbstätig ist, weil Beruf und Familie für sie kaum vereinbar ist.
Die doppelte Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen in Betrieb und Gesellschaft zeigt sich verschärft in der Corona-Pandemie: Erkämpfte Frauenrechte sind weg. Mama wieder an Heim und Herd, Tag und Nacht.
Zu 90 % sind es die Mütter, die den neuen Alltag zu Hause organisieren.Plötzlich Homeoffice, Kurzarbeit…Plötzlich Lehrerin und Kita-Ersatz, neben Hausarbeit und Pflege von Angehörigen, die Du eh schon immer gemacht hast.
Die Gewalt gegen Frauen und Kinder steigt drastisch an.
Und die nächste Klinik vom Essener Norden aus ist bald eine Bus-Stunde weit weg…
Erstaunt haben wir gelesen: der katholische Konzern „Contilia GmbH“ ist als ein „gemeinnütziger Verein“ eingetragen!
Wir fragen: Was bitte ist an diesem Verein gemeinnützig?
Erst im Mai 2018 hat die Contilia die 3 Krankenhäuser hier im Essener Norden übernommen. Mit dem karitativen Argument, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung hochqualifiziert und wohnortnah zu sichern. Schon zweieinhalb Jahre später, im September 2020 stehen Kolleginnen vom Marienhospital ohne jede Vorwarnung vor geschlossenen Türen! Sie sollen sich doch eine neue Arbeit suchen! Zum Beispiel bei der Niedriglohn- Tochtergesellschaft PerSe!
Was ist bitte gemeinnützig daran, 2 Kliniken in einem Stadtteil nach 2 Jahren, einfach so, ohne erkennbare Alternative zu schließen?
„Krankenhäuser müssen dem Patienten dienen, nicht dem Profit“, das sagen nicht nur wir, das sagt auch der Chef der Bundesärztekammer. Und weiter sagt er: „Ein Abbau der Versorgungskapazitäten, den uns immer wieder verschiedene politikberatende Stiftungen empfehlen, hätte bei uns in Deutschland im März und April zu gleichen Verhältnissen geführt wie in Spanien und Italien.“
So, und jetzt ist Ende Oktober, Corona wütet und die erste Klinik im Essener Norden ist schon dicht. Die zweite soll bis Ende des Jahres schließen. Spanien und Italien lassen grüßen…
Was bitte ist daran gemeinnützig? Nichts. Oder?
Wir von Courage wissen, wovon wir sprechen. Wir mussten um unsere Gemeinnützigkeit kämpfen – 8 Jahre lang – mit Demos, vor Gericht, mit Unterschriftensammlung und Überzeugungsarbeit in den Stadtteilen und den Medien.
Wir haben unsere Prinzipien verteidigt, nämlich ein Verband zu sein für Frauen von Religion bis Revolution.
Und wir haben gewonnen – wir haben uns unsere Gemeinnützigkeit wiedergeholt!
Wir wissen, was gemeinnützig ist. Und wir haben gelernt: Wer kämpft, kann gewinnen!
In diesem Sinne wünschen wir unserem gemeinsamen Kampf um eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung, in der die Menschen und nicht der Profit im Mittelpunkt stehen, viel Erfolg!
Courage Essen e.V., 31. Oktober 2020
Foto-Protestaktion „Schließt die Bordelle…“
Courage-Pressemeldung und Sofortprogramm: Jetzt handeln in KITAs und Schulen!
!!!30 Wochen und 5 Tage sind von den Regierungen seit März 2020 verschwendet worden, in denen nicht mehr Ideen zum Schutz unserer Kinder und ihrer Familien entwickelt wurden als „Stoßlüften“!!!
Courage Essen musste schon im Juli feststellen: Die besonderen Herausforderungen durch die Corona- Pandemie bringen die Frauen an den Rand ihrer Kräfte. Viele berichten: „Ich mache die Augen und Ohren zu, will nichts mehr sehen, hören und fühlen. Ich funktioniere nur noch für meine Familie. Zeit für mich und meine Interessen habe ich noch weniger, als vor Corona“
Die Pressemeldung und das Sofortprogramm für Schulen und KITAs von unserem Bundesvorstand spricht uns aus dem Herzen und wir legen sie euch allen an eure Herzen! (veröffentlicht auf der bundesweiten website fvcourage.de)