Seit Jahren zeichnet Terres des Femmes die am meisten sexistische Werbung in Deutschland mit dem „zornigen Kaktus“ aus. Immer von uns unterstützt. Nun hat Sima Rastin einen offenen Brief dazu geschrieben. Liebevoll, einfühlsam und sehr kritisch. Kann frau nur davon lernen…Wir auch – von dieser Warte haben wir das noch nie gesehen – aber der Brief von Sima hat uns angerührt und überzeugt – wir freuen uns über eure Meinung und wenn ihr den Brief vielen Leuten schickt! Hier ist er:
„Liebes TERRE DES FEMMES Team,
seit Jahren verfolge ich Ihre Aktivitäten und habe großen Respekt vor Ihrer engagierten Arbeit für Frauen. Als ich Ihre Aktion unter dem Motto „Schicken Sie Sexismus in die Wüste – jetzt abstimmen für unseren Negativpreis: Zorniger Kaktus, für frauenfeindliche Werbung 2021 “ sah, war ich wirklich schockiert. Die Symbole, die Sie für diese Aktion gewählt haben, sind aus meiner Sicht eurozentrisch und gegenüber anderen Kulturen diskriminierend.
Diese Symbole erwecken den Eindruck, dass die Autorinnen angeblich die Welt außerhalb Westeuropas nicht kennen. Die Leserin wird irritiert, ob die Initiatorinnen dieser Aktionskampagne wissen, dass die „Wüste“ ein sehr komplexes und mysteriöses Naturphänomen ist, ob die Autorinnen des Slogans wissen, dass es in der Wüste trotz des Mangels an Regen und Wasser eine Vielzahl von Tierarten gibt, die eine beträchtliche Anpassungsfähigkeit an Wassermangel und hohe Temperaturen haben. Zum Beispiel leben in der Wüste die Kropfgazelle, Steppenilitis, Schneeleoparden und Wölfe. Sie wissen vielleicht, dass diese Wildtiere vom Aussterben bedroht sind, weil die nicht Wüstentiere schätzenden Jäger, diese Tiere jagen. Zufälligerweise haben die Tiere, die in der Wüste leben, eine außergewöhnliche Kraft, der Hitze standzuhalten. Die Beziehung von in der Wüste lebenden Menschen und Tieren zur Natur könnte für diejenigen, die die Natur zerstören, sehr lehrreich sein. Sie wissen wahrscheinlich, wie geeignet die Kamelphysik für das Leben und Arbeiten in der Wüste ist und wie sehr die Wüstenbewohner die Tiere in ihrer Umgebung respektieren. Die Wüste ist ein Lebensraum eines Teils der Menschen auf der Erde. Das menschliche Leben heute und in der Vergangenheit, die traditionellen sozialen Praktiken, Überzeugungen, lokalen Bräuche, historischen und antiken Denkmäler gehören zu bedeutsamen Attraktionen für Naturforscher und Anthropologen. Nun stellt sich die Frage, warum will TERRE DES FEMMES e.V. antifeministische Propaganda in ein Gebiet menschlicher Besiedlung mit alter Zivilisation und außergewöhnlicher Natur und Fauna senden? Glauben Sie, dass die Bewohner der Wüste, die über viele Länder der Welt verteilt sind, kein gleichberechtigtes Leben verdienen? Und nur Europäer vor frauenfeindlicher Propaganda geschützt werden müssen? Ob es korrekt ist, dass die Wüstenländer als Abfallzentrum der antifeministischen Propaganda Europas betrachtet werden?
Auf der anderen Seite ist die Auswahl eines Kaktus als Belohnung für die schlimmsten sexistischen Anzeigen auch ein Zeichen für Informationsmangel und interkulturelle Unsensibilität Ihrer Autorinnen. Eventuell wissen Ihre Autorinnen nicht, dass der Kaktus für das mexikanische Volk eine heilige Pflanze ist und dass der Name der Stadt Mexiko eigentlich der Ort des heiligen Kaktus ist? Warum verwendet TERRE DES FEMMES kulturelle Symbole von Menschen aus anderen Naturgebieten und Ländern, um frauenfeindliche Propaganda zu kritisieren? Warum verwendet TERRE DES FEMMES nicht internationale Codes, Symbole, Zeichen wie Mülleimer oder Ankreuzen oder einen Radiergummi, um negative Werbung oder einen schlechten Slogan zu kritisieren, zu widerlegen und zu löschen?
Liebe Freundinnen, ich hoffe, Sie nehmen meine Kritik nicht übel und akzeptieren, dass sexistische Propaganda die sexuelle Identität aller Frauen unterschiedlicher Kulturen untergräbt. Aber um Sexismus zu bekämpfen, sollten andere Teile der menschlichen Identität nicht ignoriert und getrübt werden. Manchmal führt der Mangel an interkultureller Sensibilität in der feministischen Propaganda anstelle von Solidarität und Zusammenhalt zum Zerfall der Solidarität der Frauen.
Mit solidarischen Grüßen
Sima Rastin“
„Zorniger Kaktus 2021“ und eine wichtige Kritik dazu