Frauen in der Stadt Essen
Eine historische Führung in der Innenstadt mit der Kunsthistorikerin Anna Sadatsharifi
Unsere erste Station war die Frida-Levy-Gesamtschule. Dieser bekannte Essener Bürgerin wird hier seit 2001 gedacht. Sie war deutschlandweit als Frauenrechtlerin und Pazifistin tätig bis sie 1942 von den Nazis ermordet wurde.
Von der Schule liefen wir zur Kettwiger Straße, hier warfen wir einen Blick in die Vergangenheit um 1900. Zu diesem Zeitpunkt war die Straße mit Holz gepflastert und es fuhr eine Straßenbahn sowie Pferdewagen. Die Bewohner richteten sich nach den Schichten in den nahe gelegenen Krupp Werken die durch einen lauten Signalton, genannt „der Kruppsche Esel“, angezeigt wurden.
Ebenfalls auf der Kettwiger Straße befindet sich das Grillotheater, hier gibt es „keine Bühne für Rassismus“ wie ein Transparent verkündet. Gegenüber ist die Lichtburg zu finden, dieses Kino beherbergt den größten Kinosaal Deutschlands. Hier war Gelegenheit über berühmte und schillernde Persönlichkeiten zu sprechen, z.B. Ruth Leuwerik, eine aus Essen stammende Schauspielerin.
Im Anschluss ging es zum Dom, ein zentraler Punkt in der Essener Innenstadt und auch die Keimzelle der Stadt. Von hier aus wurde Essen fast 1000 Jahre lang von Frauen regiert. Die ansässigen Stiftsdamen waren Angehörige des sächsischen Adels und konnten durch ihre familiären Beziehungen Zoll-, Münz-, und Marktrecht für die Stadt erwirken. Der heute noch erhaltene Domschatz zeugt vom Reichtum der Stiftsdamen. Er ist neben den Schätzen in Köln und Aachen einer der bedeutendsten Kirchenschätze. Die Stiftsdamen, die im Gegensatz zu Ordensfrauen keine Gelübde ablegen mussten, genossen große Freiheiten und waren überdurchschnittlich gebildet. Unter ihrer Herrschaft wuchs die Stadt stetig weiter. Dazu beigetragen haben mag die Tatsache dass weder Juden verfolgt noch vermeintliche Hexen verbrannt wurden.
Eine der letzten Stationen auf unserer Route war ein Platz hinter der Marktkirche. An dieser Stelle standen die ersten Wohn- und Geschäftshäuser der Familie Krupp. Diese Industriellenfamilie hat das Schicksal der Stadt maßgeblich mit gestaltet, in guten und in schlechten Dingen. Die Frauen waren in jeder Generation tatkräftige Mitgestalterinnen. Sei es Margarethe Krupp die mit der Stiftung der Margarethenhöhe menschenwürdiges Wohnen für die in der Firma Krupp angestellten Arbeiter ermöglichte oder Bertha Krupp die durch den Verlust vieler ihrer Kinder dazu angeregt wurde ein Krankenhaus mit moderner Wöchnerinnen-Station bauen zu lassen. Wichtig zu bedenken ist, dass diese sozialen Einrichtungen auch zur Kontrolle der Arbeiter genutzt wurden. Die unentgeltliche Care-Arbeit, die auch damals hauptsächlich von Frauen geleistet wurde, erfuhr auch bei den Krupps keine Würdigung.
An jeder der Stationen führten wir angeregte Gespräche. Zwei Stellen luden aber besonders dazu ein:
Der „wilde Garten“ an der Schützenbahn. Ein in den 80er Jahren durch die Künstlerin Monika Günther geschaffenes Kunstwerk, das als solches weder zu erkennen noch gekennzeichnet ist. Der bewusst nicht gestaltete Grünstreifen soll eine Mahnung gegen das Zubetonieren der Städte sein.
Für Empörung sorgte die „Stadtwunde“ ein Mahnmal, das an die Außenstelle des KZ’s Buchenwald erinnern soll. 2002 wurde es unterhalb der Rathaus-Galerie installiert und fristet dort ein unsichtbares Dasein. Ein Umstand, da war sich die Gruppe einig, gegen den etwas unternommen werden sollte.
Zum Schluss durfte noch geraten werden wie viele der 25 Ehrenbürger der Stadt Essen Frauen sind. Die bereits niedrigen Schätzungen wurden leider durch die Auflösung noch unterboten, in der Liste wird nur die oben bereits erwähnte Margarethe Krupp als Ehrenbürgerin geführt.
Wir können diese Führung nur empfehlen! Meldet euch, wenn ihr Interesse habt – Anna freut sich auf euch. Nach der Führung laden wir euch zu einem Imbiss mit Erfahrungsaustausch bei uns im Courage-Zentrum Essen ein. Herzlich willkommen!