Zu den Ereignissen von Köln: Erklärung Bundesvorstand

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Gegen Gewalt an Frauen – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – aufstehen!

Für fast 100 Frauen in Köln geriet die Silvesternacht 2015 zum Albtraum: von Gruppen
Betrunkener umzingelt, brutaler Anmache und Gewalt ausgesetzt. 140 Polizisten waren nach Angaben des Kölner Polizeipräsidenten Albers vor Ort und griffen offenbar nicht ein.

Viele Medien behaupten in den nächsten Tagen in ihrer Berichterstattung, es handle sich
um 1000 Täter aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum.

Allen voran erklärt Innenminister Ralph Jäger (SPD) zu einem Zeitpunkt, als die Ermittlungen noch gar nicht begonnen haben:

Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männer-
gruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen
Attacken zu erniedrigen.

Absicht oder Versehen? Wir halten es mit der Kölner Oberbürger-
meisterin Reker:

„Spekulationen über die Täter sind absolut un-
zulässig“. (Kölner Stadtanzeiger, 5.1.16)

In einem Bericht des Justizministers von NRW, Thomas Kutschaty
(SPD), wird festgestellt, dass

„im Zusammenhang mit dem Zu-
strom von Flüchtlingen erfasste Straftaten lediglich einen Anteil
von 0,04% an den 2014 insgesamt registrierten Straftaten haben.“

Ähnliche Zahlen gibt es bereits zum Jahr 2015.

Die bösartige Gewalt gegen Frauen in der Silvesternacht in Köln und auch anderen
Städten hat mit der Zahl der Flüchtlinge in Deutschland oder mit ihren Herkunfts-
ländern überhaupt nichts zu tun. Wir verurteilen diese Gewalt gegen Frauen und
fordern die Ermittlung der Täter und ihre Bestrafung – ohne Hetze gegen Asyl-
bewerber und Flüchtlinge aus welchem Land auch immer!

Wie entsteht Gewaltbereitschaft gegen Frauen?

Gewalt gegen Frauen entwickelt sich u.a. aus patriarchalen Denkstrukturen, die Frauen
als weniger wert erachten und für die Frauen deshalb Freiwild sind. Leidtragende sind
auch viele Flüchtlingsfrauen, die aus ihrem Land geflohen sind, um der alltäglichen Gewalt
zu entkommen. In Deutschland gelten ihre Herkunftsländer jedoch als „sicher“, da Gewalt
gegen Frauen als Fluchtgrund in der Praxis oft nicht anerkannt wird. Oder ihre Länder
werden einfach zu sicheren Herkunftsländern um etikettiert.

Auch in Deutschland hat jede Dritte Frau im Alter zwischen 15 und 65 Jahren Erfahrungen mit sexueller, psychischer oder körperlicher Gewaltanwendung gemacht. Die Beschäftigten im Erziehungs- und Sozialwesen haben im letzten Jahr gegen die Geringschätzung und
schlechte Bezahlung der wertvollen gesellschaftlichen Arbeit von Frauen gestreikt und damit ein Zeichen gegen die strukturelle Gewalt an Frauen gesetzt.

Und Gewalt gegen Frauen wird in unserer Gesellschaft von einer dekadenten
Pornografiekultur angeheizt, in der Frauen als Ware gehandelt werden und in der eine
unmenschlichen Sex-“Industrie“ Milliardenumsätze macht. Quer durch Deutschland – und
speziell in Köln – sieht man auf Plakatwänden große Anzeigen von Bordellbetreibern indenen „100 girls…“ „angeboten“ werden. Die Betreiber des Pascha, eines der größten
Flatrate-Bordelle, unterhalten zu Werbezwecken einen gemeinnützigen(!) Verein!

Bei Christian Pfeiffer, dem Leiter des Kriminologischen Instituts Niedersachsen (KFN),
können wir wissenschaftliche Studien darüber finden, welche Einflüsse es auf Gewaltbereitschaft gibt. Er hat in einer Untersuchung von 10 000 Jugendlichen in westdeutschen Großstädten herausgefunden, dass sie bei Jugendlichen aus der Türkei, aus Ex-
Jugoslawien oder aus Russland deutlich höher ist als bei deutschen Jugendlichen. Pfeiffer
erklärt das mit dem Einfluss von patriarchalen Strukturen in den Elternhäusern. Viele der
Jugendlichen, so Pfeiffer, erlebten in der eigenen Familie Gewalt gegen ihre Mütter oder
würden selbst geschlagen. Perspektivlosigkeit tut ihr Übriges. Gerade Jugendliche mit
Migrationshintergrund sind deutlich häufiger von mangelnden Berufschancen oder von
Arbeitslosigkeit betroffen.

Aber was wird als Schlussfolgerung in den Medien und von Politikern angeboten? Mehr Überwachungskameras, mehr Polizeipräsenz!

Die gesamte Debatte sucht überhaupt nicht die Ursachen und deren Bekämpfung, sondern spielt Pegida, AFD und Faschisten in die Hände, die solche Vorfälle nutzen um für ihre fremdenfeindlichen Parolen neue Anhänger zu finden. Spitzenpolitiker vor allem der CDU führen heuchlerisch den Schutz der Frauen ins Feld, um eine verschärfte Abschiebepraxis durchzusetzen und erhoffen sich dafür eine Rechtfertigung und größere Akzeptanz zu finden. Das lehnen wir entschieden ab!

Wir Couragefrauen wissen, wie schwer es ist, mit kämpferischen Aktionen und
Veranstaltungen zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – bei dem alle Formen der
Gewalt an Frauen, insbesondere auch die strukturelle Gewalt und ihre Hintergründe ins
Visier genommen werden – in bundesweite Schlagzeilen zu kommen. Und Courage selbst ist von Gewalt betroffen, denn wir stehen im vierten Jahr unseres Kampfes gegen die Aberkennung unserer Gemeinnützigkeit.

  • Wir fordern die restlose Aufklärung der Geschehnisse in Köln und Bestrafung der Täter!
  • Wir beteiligen uns an Protestaktionen!
  • Wir unterstützen die betroffenen Frauen!
  • Und wir bleiben dabei: „Welcome, refugees!“
  • Gewalt an Frauen hat System – dem können wir nur organisiert und weltweit verbunden begegnen.

Wer gemeinsam mit anderen Frauen und Mädchen selbst aktiv werden will gegen Gewalt
an Frauen, sich tiefergehend mit den Ursachen dafür auseinandersetzen will, der ist im Frauenverband Courage willkommen!

Wir sind überparteilich, demokratisch, finanziell unabhängig und international. Unsere
Arbeit beruht auf vier Säulen: Kämpferische Interessenvertretung, Bildung, Hilfe und
Beratung, Freizeit und Kultur. Wir wollen die gesamte Lage der Frauen verbessern und
treten für ihre tatsächliche Befreiung ein. Darum sind auf antifaschistischer Grundlage alle
Themen und jede Frau willkommen!

Die Erklärung findet ihr auch auf der Seite des Bundesvorstandes

Download Stellungnahme (PDF)

Zu den Ereignissen von Köln: Erklärung Bundesvorstand
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